Enfant Terrible Albert Buch jun.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Zuschreibung „enfant terrible“ begütigend-ironisch für Außenseiter oder Exzentriker verwendet, die durch unangepasste oder zügellose Handlungen auffallen. Begütigend-ironisch möge also dieses Portrait von Albert Buch jun. auf den geneigten Leser wirken, womit wir ihn unter „Bödexer Persönlichkeiten“ einordnen.
Geboren wurde er von seinen hundertprozentig ernsthaften Eltern Albert sen. und Elisabeth Buch, geborene Schoppmeier, am 4. Juni 1949 in Bödexen. Es war eine schwierige Zeit für die junge Familie Buch, da der Vater erst sehr spät und körperlich völlig ruiniert aus dem Krieg zurückkommt und somit die Mutter gnadenlos gefordert ist. Die Aussichten auf ein fröhliches Leben waren für den kleinen Albert also trübe. Spaß und Schabernack wurden ihm nicht in die Wiege gelegt. Sie formten erst später sein Leben.
Nach der Volksschule ließ er sich zum Großhandelskaufmann ausbilden, war aber sein ganzes Berufsleben lang in der Serviceabteilung eines Autohauses tätig. Als Ausgleich zu dieser Tätigkeit liebte er die Hansestadt Hamburg, die ihn mit Hafen, Reeperbahn und Fischmarkt lebenslang in seinen Bann zog.
Spaß am Schützenwesen konnte Albert jun. bereits mit vier Jahren entdecken, als sein Vater Schützenkönig wurde. Schon mit 14 Jahren trat er (beitragsfrei, da die reguläre Mitgliedschaft erst mit 18 möglich ist) der Schützenbruderschaft bei. Ein Außenseiter war Albert also keineswegs. Ganz im Gegenteil. Er war mittendrin im Dorfleben. Ein Unangepasster allerdings schon. Das tat seiner Beliebtheit aber keinen Abbruch, denn er konnte beides: Diszipliniert und zuverlässig und kreativ und zügellos zu sein. Apropos zügellos: Zügellos war er tatsächlich nicht. Als Pferdefreund wusste er natürlich, wie wichtig Zügel sind, wenn man seine Aufgaben erfüllen will. Zwei gestrengen Obersten – Heinrich Skatulla und Heribert von Heesen – diente er 20 Jahre lang als Adjudant. Während dieser Zeit prägte das Amt so, dass er als Reitender Bote zur Legende wurde. Es war ja auch nicht so einfach, unter den vielen Marias, Annas und Gertruden der richtigen Warneke, Buch, Meise usw. die frohe Botschaft zu bringen, dass sie zur Königin auserwählt sind.
Vorausgegangen war natürlich in der Regel ein spannendes Königsschießen und eine lange Wartezeit im Festzelt, wo Albert und sein tierischer Anhang mit ulkigen Auftritten die Zeit zu verkürzen wusste.
Für seinen „unermüdlichen Einsatz und die Hingabe“, dazu gehörte auch das Amt als Scheffer bei den Königen Hermann Pollmeier und Werner Schoppmeier, wurde er vom Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften mit dem Silbernen Verdienstorden, dem Hohen-Bruderschafts-Orden und dem Sankt-Sebastian-Ehrenkreuz ausgezeichnet.
Eine weitere große Leidenschaft war die Hingabe an das bunte Treiben auf Volks- und Stadtfesten, Viehmärkten usw. Anziehungspunkt war stets der Hippodrom, also die Reitbahn. Nach dem abrupten Ende seines jahrzehntelangen Arbeitgebers wagte Albert den Sprung in die Selbständigkeit und stand fortan selbst mit einer Reitbahn vor allem den Kindern zur Belustigung zur Verfügung. Die Corona-Pandemie beendete allerdings auch dieses Unternehmen abrupt.
Pauschalierende Kritik von Tierschützern konterte er mit: „Meine Ponys haben es gut bei mir. Ich halte es für richtig, dass sie sich mit ein paar Stunden Arbeit an den Unterhaltungskosten beteiligen.“
So sind sie gut miteinander ausgekommen, der Albert und seine Tiere – und die Menschen.
Die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Denn schon als junger Mann besuchte er eine betagte Nachbarin nicht nur täglich, sondern stand ihr mit Hilfe jeglicher Art stets zur Verfügung. Wie weiteren alleinstehenden Menschen im Dorf.
Gestorben ist Albert Buch jun. am 16. März 2025.
G.W.H.